Zweischneidiges Schwert

Wissenschaftlerteam der Universität Konstanz an Beschreibung gegensätzlicher Funktionen des DNA-Reparaturproteins PARP-1 bei Darmkrebs beteiligt

Darmkrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen weltweit und für rund zehn Prozent aller krebsbedingten Todesfälle in den westlichen Industrienationen verantwortlich. Wesentliche Risikofaktoren für die Entstehung von Darmkrebs sind sogenannte Lifestyle-Faktoren wie regelmäßiger Alkoholkonsum und ein Verzehr von rotem sowie verarbeitetem Fleisch. Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und genetische Defekte erhöhen unabhängig davon das Erkrankungsrisiko deutlich.

Anna Stier und Privatdozent Dr. Aswin Mangerich vom Fachbereich Biologie der Universität Konstanz haben nun unter Federführung der Forschergruppe des ehemaligen Konstanzer Doktoranden Prof. Dr. Jörg Fahrer von der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und mit Unterstützung von weiteren Kooperationspartnern zu einer Studie beigetragen, die grundlegende Informationen zur Bedeutung der PARP-1 in den verschiedenen Stufen der Darmkrebsentstehung liefert. Ihre Forschungsergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) publiziert.

Das Protein Poly(ADP-Ribose) Polymerase-1, kurz PARP-1, ist Teil des zellulären DNA-Reparatur-Netzwerks. Dieses schützt unser Erbgut vor Schäden, die durch krebserzeugende Stoffe aus der Nahrung, wie beispielsweise N-Nitrosoverbindungen, verursacht werden. Daneben ist PARP-1 an weiteren zellulären Prozessen beteiligt und spielt eine Rolle im Entzündungsgeschehen, beispielsweise bei bakteriellen Infektionen. Mit Hilfe transgener Maus- und Zellmodelle sowie endoskopischer, immunhistochemischer, zellbiologischer und bioanalytischer Verfahren konnten die Forschergruppen demonstrierten, dass die PARP-1 bei der Darmkrebsentstehung als zweischneidiges Schwert fungiert. Auf der einen Seite schützt PARP-1 unser Erbgut und unterdrückt die Auslösung von Tumoren. Auf der anderen Seite befeuert PARP-1 Entzündungsvorgänge im Darm und fördert den Tumorfortschritt.

Die Konstanzer Wissenschaftler konnten unter Anwendung einer speziellen bioanalytischen Methode, mit der sich das enzymatische Produkt der PARP1 in Zellen und Geweben quantitativ erfassen lässt, zur Aufklärung der molekularen Vorgänge in den verwendeten Modellsystemen beitragen. Die Studie liefert weiterhin wichtige Erkenntnisse sowohl für die Darmkrebsprävention bei Patientinnen und Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen als auch für die Darmkrebstherapie.

Originalpublikation:

Dörsam B, Seiwert N, Foersch S, Stroh S, Nagel G, Begaliew D, Diehl E, Kraus A, McKeague M, Minneker V, Roukos V, Reißig S, Waisman A, Moehler M., Stier A, Mangerich M, Dantzer F, Kaina B and Fahrer J. (2018) PARP-1 protects against colorectal tumor induction, but promotes inflammation-driven colorectal tumor progression. Proc Natl Acad Sci U S A.

Link: www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1712345115

Faktenübersicht:

  • Beteiligung Konstanzer Biologen an einer Studie zur Bedeutung des DNA-Reparaturproteins PARP-1 in den verschiedenen Stufen der Darmkrebsentstehung
  • Zusammenarbeit von Biologen der Universitäten Konstanz, Gießen, Mainz, der ETH Zürich und des Institut de Recherche de l’Ecole de Biotechnologie de Strasbourg.
  • Unterstützung der Konstanzer Arbeiten durch ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Land Baden-Württemberg geförderten Großgerät (INST 38/537-1).