Tierschutzpreis für Konstanzer Biologen
Auszeichnung für das Lebenswerk: Prof. Dr. Marcel Leist (Universität Konstanz) und Prof. Dr. Thomas Hartung (Universität Konstanz und Johns Hopkins University, USA) erhalten den Ursula M. Händel-Tierschutzpreis 2020 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Prof. Dr. Marcel Leist, Professor für In-Vitro-Toxikologie und Biomedizin an der Universität Konstanz, und Prof. Dr. Thomas Hartung, Professor für Environmental Health Sciences an der Universität Konstanz und Doerenkamp-Zbinden Chair of Evidence-Based Toxicology an der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore, werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit dem Ursula M. Händel-Tierschutzpreis 2020 ausgezeichnet.
Dies ist das zweite Mal innerhalb von nur zehn Jahren, dass die renommierte Auszeichnung Forschenden der Universität Konstanz verliehen wird: 2011 erhielten ihn Prof. Dr. Alexander Bürkle und Dr. Moreno-Villanueva, die ebenfalls dem Fachbereich Biologie der Universität Konstanz angehören.
Der Ursula M. Händel-Tierschutzpreis in Höhe von 80.000 Euro wird an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verliehen, die sich vorbildlich und nachhaltig darum bemühen, den Tierschutz in der Forschung zu verbessern, insbesondere durch die Entwicklung von Verfahren, die zur Reduzierung, Verfeinerung und zum Ersatz von Tierversuchen beitragen (3R-Prinzip).
Der diesjährige Preis wird im Rahmen einer offiziellen Zeremonie verliehen, die für den 1. Oktober 2020 am 3R-Zentrum in Gießen (ICAR3R) vorgesehen ist und virtuelle mit Präsenzanteilen kombinieren wird. Im Vorfeld der Preisverleihung wird außerdem ein 3R-Symposium stattfinden.
Auszeichnung für den Tierschutz
Im Gegensatz zu vergangenen Preisträgerinnen und Preisträgern werden Marcel Leist und Thomas Hartung für ihr Lebenswerk auf dem Gebiet der versuchstierfreien Forschung ausgezeichnet, wie die DFG bekanntgab. ausgezeichnet, wie die DFG bekanntgab. So nutzen die beiden Wissenschaftler unter anderem künstliche Intelligenz, um Rückschlüsse auf die Toxizität von noch unerforschten Substanzen zu ziehen oder um auf Grundlage der in toxikologischen Datenbanken hinterlegten Informationen automatisierte Vorhersagen zu treffen. Beide Ansätze tragen dazu bei, Tierversuche zu vermeiden oder deutlich zu reduzieren. Die Jury zeigte sich dabei besonders beeindruckt vom langjährigen Engagement beider Wissenschaftler – insbesondere auch als Co-Direktoren des Center for Alternatives to Animal Testing in Europe (CAAT-Europe) – bei der Entwicklung und Anwendung von alternativen Testmethoden in der Toxikologie. Ebenso gewürdigt wurde ihr Einsatz für die Schaffung von mehr Akzeptanz für solche Methoden in der Wissenschaft und darüber hinaus – auf internationaler und lokaler Ebene.
CAAT-Europe wird von der Doerenkamp-Zbinden-Stiftung für versuchstierfreie Forschung unterstützt und ist ein gemeinsames Unterfangen der Universität Konstanz und der Bloomberg School of Public Health an der Johns Hopkins University. Es koordiniert transatlantische Bemühungen zur Entwicklung von neuen und verbesserten Methoden in der Toxikologie, berät auf dem Gebiet der strategischen Entwicklung, ermöglicht den Austausch zwischen verschiedenen Interessensgruppen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik und setzt sich für das 3R-Prinzip humaner Forschung ein.
Das Überprüfungsdilemma überwinden
„Ich bin überzeugt, dass wir die bestmöglichen Ergebnisse für Mensch und Tier nur erzielen können, indem wir gemeinsam und bereichsübergreifend zusammenarbeiten“, sagt Marcel Leist. „Bei der Förderung von humaner Forschung geht es um weit mehr als Symbolpolitik: sie stellt ein Forschungsziel dar, das meinen Kollegen und mir überaus wichtig ist.“ Im Verlauf ihrer wissenschaftlichen Karrieren, und seit CAAT-Europe 2010 ins Leben gerufen wurde, haben sich Leist und Hartung für die Entwicklung allgemeiner Strategien eingesetzt, um die Anwendung von versuchstierfreien Methoden zu fördern und auf eine breitere Basis zu stellen, beispielsweise durch die Nutzung von Ansätzen aus der Informatik oder die Entwicklung neuer Testentwicklungsstrategien.
„Eine besondere Problematik, der wir uns im Rahmen von CAAT-Europe widmen und die uns Regulierungsbehörden auf beiden Seiten des Atlantik regelmäßig bestätigen, ist die unzureichende Dokumentation von Methoden und Datenberichterstattung – beides große Nachteile bei der Nutzung von Daten, die durch in-vitro-Methoden gewonnen wurden“, erklärt Thomas Hartung. „Alles, was dazu beiträgt, dieses Dilemma aufzulösen, kann sich stark auf die Akzeptanz alternativer Methoden insgesamt sowie deren Erforschung auswirken.“
In den vergangenen Jahrzehnten hat CAAT-Europe 21 umfangreiche Reviews zu spezifischen Forschungsfragen und Lücken im aktuellen Wissensstand herausgegeben. Potenzielle Lösungsansätze wurden dabei über die transatlantischen Think-Tank-Aktivitäten des Zentrums entwickelt, die sich auf das Input von 250 Co-Autoren aus Wissenschaft und Wirtschaft, Regulierungsbehörden und Nichtregierungsorganisationen stützen.
Über Marcel Leist
Marcel Leist hat die ursprünglich von der Doerenkamp-Zbinden-Stiftung eingerichtete und gestiftete Professur für In-Vitro-Toxikologie und Biomedizin an der Universität Konstanz seit 2006 inne. Er studierte Biochemie in Tübingen und schloss 1989 sein Master-Studium in Toxikologie an der University of Surrey (UK) ab. Promoviert wurde er auf dem Gebiet der Pharmakologie an der Universität Konstanz (1993). Die Habilitation in Toxikologie/Zellbiologie folgte 1998. Vor dem Ruf an die Universität Konstanz arbeitete Marcel Leist für das dänische Pharmaunternehmen H. Lundbeck A/S in Kopenhagen.
Marcel Leist ist mit verschiedenen bedeutenden Tierschutzpreisen ausgezeichnet worden, so etwa mit dem Lush Prize zur Beendigung oder Vermeidung von Tierversuchen, der ihm 2016 gemeinsam mit Dr. Giorgia Pallocca, der Koordinatorin und stellvertretenden Direktorin des CAAT-Europe, verliehen wurde, mit dem Tierschutzforschungspreis des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (2015) sowie mit dem Enhancement of Animal Welfare Award der US-amerikanischen Society of Toxicology (2015).
Über Thomas Hartung
Thomas Hartung ist seit 2009 Professor für Evidence-Based Toxicology an der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health und ist außerdem Professor für Environmental Health Sciences an der Universität Konstanz. Er studierte Informatik in Hagen sowie Biochemie und Medizin in Tübingen, wo er 1992 eine medizinische Promotion auf dem Gebiet der Toxikologie abschloss. Auf dem Gebiet der biochemischen Pharmakologie wurde er an der Universität Konstanz promoviert. Von 1996 bis 2002 war Hartung CEO des Steinbeis Technology Transfer Center for In Vitro Pharmacology and Toxicology an der Universität Konstanz und leitete von 2002 bis 2008 das European Centre for the Validation of Alternative Methods der Europäischen Kommission in Ispra (Italien).
Thomas Hartung hat verschiedene renommierte Preise für seine Forschung auf dem Gebiet des Tierschutzes erhalten, darunter der Russell and Burch Award der Humane Society of the United States (2009) und der Enhancement of Animal Welfare Award der Society of Toxicology (2007).
Faktenübersicht:
- Auszeichnung für das Lebenswerk: Prof. Dr. Marcel Leist und Prof. Dr. Thomas Hartung von der Universität Konstanz erhalten für die Entwicklung von alternativen Testmethoden in der Toxikologie den Ursula M. Händel-Tierschutzpreis 2020 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
- Die Preisträger und Co-Direktoren des Center for Alternatives to Animal Testing in Europe (CAAT-Europe) wurden unter neun Bewerbungen für ihre Forschung auf dem Gebiet der 3Rs (Replacement, Refinement, Reduction) ausgewählt, insbesondere auf dem Gebiet der Vermeidung von Tierversuchen.
- Preisgeld: 80.000 Euro.
- Dies ist das zweite Mal innerhalb von zehn Jahren, dass Forschende der Universität Konstanz mit dem Preis ausgezeichnet wurden: 2011 wurde er Prof. Dr. Alexander Bürkle und Dr. Moreno-Villanueva, die ebenfalls dem Fachbereich Biologie der Universität Konstanz angehören, verliehen.
- Der Preis wird bei einer Zeremonie am 3R-Zentrum in Gießen (ICAR3R) verliehen werden, die für den 1. Oktober 2020 geplant ist.
- Weitere Informationen zum Center for Alternatives to Animal Testing in Europe (CAAT-Europe): https://www.biologie.uni-konstanz.de/leist/caat-europe/