Die vor einem LED-Schirm fluoreszierenden Proben zeigen die Anwesenheit von SARS-CoV-2 Virus-RNA an, die hier mittels des neuen Schnelltestverfahrens detektiert wurde. Bild: Universität Konstanz

Neuartiges Covid-19-Schnelltestverfahren auf Basis innovativer DNA-Polymerasen entwickelt

Forschungskooperation der Universität Konstanz entwickelt neuartiges Covid-19-Schnelltestverfahren. Dieses Verfahren auf Basis einer innovativen DNA-Polymerase liefert die Ergebnisse in der Hälfte der Zeit – im Vergleich zur klassischen Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR).

Eine Forschungskooperation der Universität Konstanz unter Federführung von Professor Dr. Christof Hauck (Fachbereich Biologie) mit Beteiligung des Klinikum Konstanz, eines Konstanzer Diagnostiklabors und des Konstanzer Unternehmens myPOLS Biotec, einer Ausgründung aus der Arbeitsgruppe für Organische Chemie / Zelluläre Chemie der Universität Konstanz, hat ein neuartiges Covid-19-Schnelltestverfahren entwickelt. Dieser Test ermöglicht es, Ergebnisse in der Hälfte der Zeit zu ermitteln – im Vergleich zur klassischen Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR).

Die frühe Identifikation von Patienten, die mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) infiziert sind, ist zentrale Voraussetzung bei der globalen Bewältigung der aktuellen Pandemie. Die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) ist dabei das Standard-Testverfahren, das für den Nachweis einer akuten Infektion von diagnostischen Laboren in Deutschland verwendet wird. Diese Methode beruht darauf, dass ein Enzym, eine sogenannte DNA-Polymerase, das Erbgut des Erregers vervielfältigt und damit sichtbar macht. Ein solcher DNA-basierter PCR-Test ist sehr robust und äußerst sensitiv, er hat jedoch bei einem RNA-Virus wie SARS-CoV-2 einen entscheidenden Nachteil: In zwei Vorschritten muss zunächst die RNA des Virus aufgereinigt und dann enzymatisch von RNA in DNA umgewandelt werden. Erst danach kann die eigentliche Vervielfältigung mittels DNA-Polymerase stattfinden. Da aufgrund der globalen Nachfrage immer wieder Engpässe bei Reagenzien und Verbrauchsmaterialien für die automatische Aufreinigung von RNA auftauchen und die manuelle Isolierung von RNA aus Patientenproben fehleranfällig und zeitaufwändig ist, besteht ein großes Interesse an alternativen Möglichkeiten, die RNA des Coronavirus zu detektieren.

Wissenschaftler der Universität Konstanz zeigen nun eine innovative Möglichkeit auf, die zeit- und kostenaufwendige Aufreinigung der viralen RNA zu umgehen. Ermöglicht wird dieses Vorgehen durch den Einsatz eines optimierten Enzyms, das eine Doppelrolle übernimmt: Das Enzym kann sowohl RNA-abhängig arbeiten und das SARS-CoV-2 Erbgut von RNA in DNA umwandeln, als auch sogleich als DNA-Polymerase mit der Vervielfältigung der DNA beginnen. Da dieses Enzym zudem besonders stabil ist, können beide Schritte bei hohen Temperaturen, sozusagen unter Volldampf, durchgeführt werden.

Wie sich zeigte, ist es dadurch möglich, den SARS-CoV-2-Nachweis direkt vom Patientenmaterial ausgehend durchzuführen und damit den ressourcen- und zeitaufwendigen RNA-Aufreinigungsschritt einzusparen. Ob eine Infektion vorliegt oder nicht, wird mit diesem Test folglich deutlich früher bekannt: Bereits nach zwei Stunden. Der Test verfügt über eine ähnlich hohe Sensitivität wie die klassische PCR.

Ein wesentlicher Vorteil des neuen SARS-CoV-2-Nachweises liegt nicht nur in der Zeitersparnis, sondern vor allem in der unkomplizierten Durchführung: Ohne die aufwändige RNA-Isolierung entfallen mehrere Schritte der Probenhandhabung, so dass gerade bei hohem Probendurchsatz die Gefahr einer Verschleppung von einzelnen Proben minimiert wird. Eine Vereinfachung lässt sich bei dieser neuen Vorgehensweise auch dadurch erreichen, dass herkömmlich PCR-Geräte verwendet werden können und das Ergebnis des Tests nicht nur in einem exklusiven Diagnosegerät, sondern mittels einer unprätentiösen tragbaren LED-Lampe ausgelesen werden kann. Gekoppelt mit der Möglichkeit, die kostenintensive RNA-Isolierung zu umgehen, bietet sich dieses neue Verfahren deshalb gerade auch für die Regionen der Welt an, in denen sich Covid-19 aktuell rasant ausbreitet, aber wo die diagnostischen Standardverfahren die ökonomischen Ressourcen bei weitem übersteigen.

Faktenübersicht:

  • Die Ergebnisse wurden auf medRxiv.org als sogenannte Preprint-Version veröffentlicht. Das Paper berichtet über neue medizinische Forschungsergebnisse, die noch evaluiert werden müssen und daher noch nicht als Leitfaden für die klinische Praxis dienen können.
  • Preprint-Veröffentlichung: Johannes W.P. Kuiper, Timo Baade, Marcel Kremer, Ramon Kranaster, Linda Irmisch, Marcus Schuchmann, Johannes Zander, Andreas Marx, Christof R Hauck, Detection of SARS-CoV-2 from raw patient samples by coupled high temperature reverse transcription and amplification, medRxiv.org, 19.05.2020. DOI: https://doi.org/10.1101/2020.05.19.20103150
  • Eine Forschungskooperation unter Federführung von Prof. Dr. Christof Hauck (Fachbereich Biologie) von der Universität Konstanz hat ein neuartiges Covid-19-Schnelltestverfahren auf Basis von DNA-Polymerasen entwickelt.
  • Dieses neue Verfahren kommt ohne RNA-Aufreinigung aus und ist daher nicht nur schneller, sondern auch mit unter 5 Euro pro Test deutlich günstiger als die klassische PCR.
  • Das Verfahren verfügt über eine ähnlich hohe Sensitivität wie die klassische PCR.
  • Zu den Kooperationspartnern zählen das Klinikum Konstanz (Entnahme von Patienten-Proben) sowie das Konstanzer Diagnostiklabor Labor Dr. Brunner. Dieses übernahm die Durchführung der Vergleichsmessungen mit etablierter CE-zertifizierter Routinemethode (PCR).
  • Ebenfalls beteiligt ist myPOLS Biotec, eine Ausgründung aus der Arbeitsgruppe für Organische Chemie / Zelluläre Chemie der Universität Konstanz um Professor Dr. Andreas Marx sowie Dr. Ramon Kranaster (jetzt Geschäftsführer von myPOLS Biotec). Das neue Testverfahren basiert auf einer von myPOLS entwickelten DNA-Polymerase.
  • Timo Baade (Arbeitsgruppe Prof. Hauck) bestätigt die finanzielle Unterstützung des Projekts durch die Konstanz Research School Chemical Biology (KoRS-CB) an der Universität Konstanz. Dies betrifft Drittmittel aus der Exzellenzinitiative sowie Haushaltsmittel. Prof. Dr. Andreas Marx bestätigt die – nicht-finanzielle – Unterstützung des Projekts durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen von SPP 1784.

Zum gesamten Beitrag im Online-Magazin der Universität Konstanz.