Mit Liebe zur Mathematik
Langzeitstudie mit Konstanzer Beteiligung: Lernleistungen in Mathematik werden stark von positiven und negativen Emotionen dem Fach gegenüber beeinflusst
Bisherige Forschungsbefunde legen nahe, dass die kognitiven Leistungen und die Lernleistungen von Schülerinnen und Schülern durch Emotionen wie Freude, Angst und Langeweile beeinflusst werden. Studien dazu wurden jedoch fast ausschließlich im Labor durchgeführt. Jetzt hat sich mit Beteiligung des Bildungsforschers Prof. Dr. Thomas Götz, der eine sogenannte Brückenprofessur an der Universität Konstanz und der Pädagogischen Hochschule Thurgau (PHTG) innehat, eine Längsschnittstudie daran gemacht zu erforschen, inwieweit die Lernleistung von Schülerinnen und Schülern auch innerhalb des Schulkontextes von Emotionen bestimmt wird. Die Studie konzentriert sich dabei auf das Fach Mathematik. Nicht nur weil es für die schulische Laufbahn und die ökonomische Produktivität wichtig ist. Mathematik bringt darüber hinaus auch starke emotionale Reaktionen hervor. Die Ergebnisse der Studie wurden im Journal „Child Development“ veröffentlicht.
Die Selbstauskünfte der Schülerinnen und Schüler wurden mittels eines Fragebogens gemessen, ihre Leistungen jeweils durch die Jahresendnoten und Testergebnisse aus einem Mathematik-Leistungstest. Aufgrund dessen fand die Studie heraus, dass Gefühle die Leistung der Schülerinnen und Schüler in Mathematik über Jahre hinweg beeinflussten. Zwar hatten diejenigen mit höheren Intelligenzquotienten auch die besseren Noten und Testergebnisse. Wem Mathematik dazu aber auch noch Freude bereitete, erbrachte sogar noch bessere Leistungen.
Die Studie gab auch Hinweise darauf, dass Erfolg die Gefühle der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler über Jahre hinweg beeinflusste: So zogen Erfolgserlebnisse in Mathematik positive Gefühle nach sich und verringerten das negative Emotionserleben. Im Gegensatz dazu führten schlechte Noten und Testergebnisse zu einer Abnahme von positiven Gefühlen beziehungsweise einer Zunahme von negativen Gefühlen wie etwa Angst und Langeweile. Die betroffenen Schülerinnen und Schüler fanden sich in einer Abwärtsspirale aus negativen Emotionen und schlechten Noten gefangen.
Die Urheber der Studie empfehlen Lehrerinnen- und Lehrern sowie Eltern, die positiven Emotionen, mit denen ein Fach behaftet ist, zu stärken und negative Emotionen zu minimieren. Zum Beispiel können sie Schülerinnen und Schülern dabei helfen, ein besseres Gefühl der Kontrollierbarkeit ihrer Leistungen zu vermitteln. Sie mahnen auch an, dass Erfolgserlebnisse dabei helfen können, negative Emotionen zu verringern und psychisches Wohlbefinden zu fördern, was wiederum die schulischen Ergebnisse beeinflussen kann.
Die Studie wurde im Rahmen des Projekts zur Analyse der Leistungsentwicklung in Mathematik (PALMA) durchgeführt. Sie umfasste eine jährliche Untersuchung von Gefühlen und Leistungen im Fach Mathematik bei 3.425 deutschen Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 5 bis 9. Die Stichprobe der Studie ist repräsentativ für Bayerns Schülerinnen und Schüler in diesen Jahrgangsstufen.
Faktenübersicht:
- Die Studie wurde von Wissenschaftlern der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Australian Catholic University (Australien), der University of Oxford, der University of Reading (beide Großbritannien) und der Universität Konstanz/PHTG Thurgau durchgeführt.
- Die Studie wurde von der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Originalveröffentlichung:
Pekrun, R., Lichtenfeld, S., Marsh, H.W., Murayama, K. und Goetz, T.: Achievement Emotions and Academic Performance: Longitudinal Models of Reciprocal Effects. Child Development, Version of Record online, 8. Februar 2017; doi: 10.1111/cdev.12704