Je nach Konfiguration des Spin-Ventils wird das magnonische Signal weitergeleitet oder unterdrückt. Bild: Joel Cramer
Je nach Konfiguration des Spin-Ventils wird das magnonische Signal weitergeleitet oder unterdrückt. Bild: Joel Cramer

Informationsträger der Zukunft

Internationales Kooperationsprojekt mit Beteiligung von Konstanzer Physikern zeigt: Magnon-Ströme sind als grundlegende Informationsträger über Spin-Ventil-Struktur zu steuern

Das aufstrebende Forschungsfeld der Magnon-Spintronik untersucht die Möglichkeit, Informationen mit Hilfe von Magnon-Spinströmen zu übertragen und zu verarbeiten. Im Gegensatz zu elektrischen Strömen, auf denen die heutige, etablierte Informationstechnologie basiert, übertragen Magnon-Spinströme keine elektrische Ladung, sondern ein magnetisches Moment. Dies geschieht durch magnetische Wellen, die Magnonen, die sich analog zu Schallwellen durch magnetische Materialien ausbreiten.

Ein wesentlicher Baustein der Magnon-Spintronik ist die Magnon-Logik, die es zum Beispiel durch die Überlagerung von Spinströmen erlaubt, logische Operationen und damit die Informationsverarbeitung vorzunehmen. Einem internationalen Team von Physikern der Universität Konstanz, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie der Universität Tohoku in Sendai (Japan) ist es gelungen, dem Baukasten der Magnon-Logik ein weiteres Bauteil hinzuzufügen. Die Wissenschaftler konnten eine sogenannte Spin-Ventil-Struktur einsetzen und über die magnetische Konfiguration des Ventils wie mit einem mikroskopischen Schalter Magnon-Ströme steuern. Dies ermöglicht prinzipiell die Weiterleitung oder Unterdrückung der ankommenden Information. Die Forschungsarbeit wurde in der aktuellen Ausgabe des Online-Fachjournals Nature Communications publiziert.

Die Idee zu der Untersuchung wurde gemeinsam von den Teams von Prof. Dr. Ulrich Nowak an der Universität Konstanz und Prof. Dr. Mathias Kläui, ehemaliges Mitglied des Zukunftskollegs der Universität Konstanz, an der Universität Mainz ausgearbeitet. Zwischen beiden Arbeitsgruppen besteht eine lange fruchtbare Zusammenarbeit. Die Arbeitsgruppe von Prof. Eiji Saitoh, Ph.D., an der Tohoku-Universität in Sendai stellte die Apparatur zum sogenannten Aufwachsen des Dreilagensystems der Spin-Ventil-Struktur zur Verfügung. Dort wurden auch die Experimente durchgeführt.

Das wesentliche Ziel der Magnon-Spintronik ist die Ablösung der elektrischen Ladung durch Magnonen als dem grundlegenden Informationsträger. Magnonen bieten unter anderem die Möglichkeit des „Wave-based Computing“, das mehr Optionen zur logischen Datenverarbeitung im Vergleich zu konventioneller Elektronik zur Verfügung stellt. Außerdem bewegen sich Magnonen in magnetischen Isolatoren mit vergleichsweise geringen Verlusten fort, was die Einrichtung einer energieeffizienteren Datenverarbeitung in Aussicht stellt.

In dem Experiment konnte erfolgreich gezeigt werden, dass die Stärke des detektierten Signals in hohem Maß von der magnetischen Konfiguration des Spin-Ventils abhängt. Diese Spin-Ventil-Struktur ist ein Dreilagensystem: Ist die Magnetisierung des elektrisch isolierenden Ferromagneten Yttrium-Eisen-Granat und des metallischen Ferromagneten Cobalt antiparallel angeordnet – dazwischen befindet sich der isolierende Antiferromagnet Cobalt(II)-oxid – ist das Signal zirka 120 Prozent größer als im parallelen Zustand. Das mehrfache Umschalten des metallischen Ferromagneten zeigte zudem, dass der Effekt stabil und somit eine Langzeitoperation möglich ist. Das Ergebnis des Experiments ist ein Effekt, der in zukünftigen, potenziellen Magnon-Logik-Operationen Anwendung finden könnte und somit einen wesentlichen Beitrag zur Magnon-Spintronik leistet.

Das Kooperationsprojekt wurde im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Spin Caloric Transport“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Ulrich Nowak Forschung forscht dazu auch mit der Unterstützung des Konstanzer Sonderforschungsbereichs „Kontrollierte Nanosysteme: Wechselwirkung und Ankopplung an die Makrowelt“ (SFB 767).

Originalveröffentlichung:
Joel Cramer et al.: Magnon detection using a ferroic collinear multilayer spin valve. Nature Communications, 14. März 2018. DOI: 10.1038/s41467-018-03485-5.
https://www.nature.com/articles/s41467-018-03485-5

Faktenübersicht:

  • Studie zur Steuerbarkeit von Magnon-Strömen als grundlegende Informationsträger
  • Kooperationsprojekt der Universitäten Konstanz, Mainz und Tohoku (Japan)
  • Finanzielle Unterstützung durch das DFG-Schwerpunktprogramm „Spin Caloric Transport“ und den Konstanzer Sonderforschungsbereich „Kontrollierte Nanosysteme: Wechselwirkung und Ankopplung an die Makrowelt“ (SFB 767).