Erste Heisenberg-Professur an der Universität Konstanz
Prof. Dr. Malte Drescher untersucht Struktur und Dynamik von Makromolekülen mit spektroskopischen Methoden
Der Physiker Prof. Dr. Malte Drescher tritt die erste Heisenberg-Professur an der Universität Konstanz an, die im Fachbereich Chemie auf die „Spektroskopie komplexer Systeme“ hin ausgerichtet ist. Am 15. Oktober hält er seine Antrittsvorlesung „Spione, Spins und Spektren“, in der er die Elektronenspinresonanz-Spektroskopie (ESR-Spektroskopie) als Methode der Analyse von Struktur und Dynamik von Makromolekülen vorstellt. Die Heisenberg-Professur der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bietet exzellenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für die Dauer von fünf Jahren eine Stelle, wenn die Hochschule eine Professorenstelle schafft und damit die Anschlussfinanzierung gesichert ist. Zudem soll die Professur zur strukturellen Entwicklung der Universität beitragen.
Malte Drescher bezeichnet sein Fachgebiet als „exotisch“, weil es immer noch selten anzutreffen ist. Innerhalb der Physikalischen Chemie ist er Experte auf dem Gebiet der Elektronenspinresonanz-Spektroskopie (ESR-Spektroskopie). Die Methode, die es ermöglicht, über magnetische Marker Strukturen von Makromolekülen in komplexen Umgebungen zu analysieren, ist auch aus Kostengründen noch nicht weit verbreitet, befindet sich aber stark im Aufwind. „Stellen sind nicht so häufig“, sagt Malte Drescher zu seiner Berufung.
Drescher, dessen Arbeitsgruppe 2008 im Rahmen des Emmy-Noether-Programms gegründet wurde, wurde zuvor bereits vom renommierten Heisenberg-Stipendium der DFG gefördert. „Konstanz bietet ein sehr gutes Umfeld für unsere Methodik“, betont er. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass der Gedanke der Vernetzung und Interdisziplinarität an der Universität Konstanz schon immer groß geschrieben wurde. So forscht die Arbeitsgruppe von Malte Drescher in engem Kontakt zu anderen Fachbereichen vor allem im Überlappungsbereich zwischen Biologie, Chemie und Physik.
Bei der Analyse großer Moleküle sind Proteinstrukturen in der Zelle interessant, wobei aber auch Anwendungsgebiete in den Materialwissenschaften zunehmend von Belang sind. Dort werden ebenfalls Stoffe interessant, bei denen es darauf ankommt, wie sich Moleküle von ihrer Struktur her in komplexen Situationen verhalten. „Die strukturellen Fragestellungen in der biologischen und in der materialwissenschaftlichen Anwendung sind nicht sehr unterschiedlich, auch wenn die Moleküle ganz unterschiedlich sind“, sagt Malte Drescher. Durch interdisziplinäre Zusammenarbeit sei man heute in der Lage, auch komplexere Systeme in den Blick zu nehmen. Im Bereich Biologie untersucht die Arbeitsgruppe unter anderem ein Protein, das in den sogenannten Lewy-Bodies von Parkinson-Patienten vorkommt. Dieses Protein kann unterschiedliche räumliche Anordnungen einnehmen (sogenannte Konformationen), die in Experimenten alle hervorgerufen werden können. Wie dieses Protein allerdings in der lebenden Zelle vorliegt, soll nun erst durch die Elektronenspin-Resonanzspektroskopie beantwortet werden.
„Die Heisenberg-Professur ist eine ganz seltene Variante der Berufung, und ich bin mir dieses Privilegs bewusst“, sagt Malte Drescher. Auch wenn er bisher nicht zur Lehre verpflichtet war, hat er sich auch dort immer engagiert. Jetzt freut er sich darauf, auch mehr Einfluss auf die Planung der Lehre nehmen zu können. Was seine Forschungsvorhaben angeht, schätzt er die langfristigeren Perspektiven, die es ihm jetzt erstmals ermöglichen, auch Projekte anzugehen, die in Hinblick auf konkrete Ergebnisse mit einem größeren Risiko verbunden sind, die aber im Erfolgsfall auch die weitreichendere Bedeutung haben.
Die Antrittsvorlesung findet im Rahmen des Dies academicus statt. Unter dem Titel „Spione, Spins und Spektren“ spricht Malte Drescher über die magnetischen Sonden (Marker), die bei der ESR-Spektroskopie unauffällig wie Spione an die zu untersuchenden Moleküle angeheftet werden, um dann Information „aus dem System heraus zu funken“. Die Antrittsvorlesung ist öffentlich, sie findet am 15. Oktober um 17 Uhr im Hörsaal A704 statt.