Ein Mitbegründer der Universität Konstanz
Zum 50. Todestag von Waldemar Besson am 12. Juni 1971
Waldemar Besson zählte in vielerlei Hinsicht zu den „Ersten“ der Universität Konstanz: Er gehörte zu dem Kreis der Gründungsprofessoren der Universität Konstanz, er hielt die erste Vorlesung der Universität – 1966 im Konstanzer Inselhotel anlässlich des Akademischen Festakts zur Grundsteinlegung der Universität Konstanz –, und er bekleidete die erste Professur für Politikwissenschaft an der neu gegründeten Hochschule. Letzteres als „gelernter“ Zeithistoriker, da es zu jener Zeit in Deutschland noch keine ausgebildeten Politikwissenschaftler gab, wie Katharina Holzinger, Professorin für Internationale Politik und Konfliktforschung und heutige Rektorin der Universität Konstanz, 2016 bei ihrer Jubiläumsrede zum 50. Geburtstag der Universität Konstanz anmerkte. Darin griff sie Waldemar Bessons Antrittsvorlesung „Die großen Mächte“ auf und beleuchtete sie aus heutiger wissenschaftlicher Sicht. Mit dem 12. Juni 1971 jährt sich nun Waldemar Bessons Todestag zum 50. Mal. Er starb überraschend mit nur 41 Jahren.
Als Waldemar Besson 1964 in den Gründungsausschuss der Universität Konstanz berufen wurde, war er Mitte 30. Seine Spuren markieren die Universität Konstanz bis heute: Er war überzeugter Vertreter des Gedankens einer Reformuniversität mit all den Errungenschaften, die nach wie vor aktuell sind, wie flache Hierarchien und Lehre aus Forschung. Darüber hinaus war er überzeugt, dass die Wissenschaft eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft hat. Die ersten Vorstellungen, was die Aufgaben einer modernen Universität sind, hat er wohl auch während seines Aufenthalts in den USA entwickelt, wo er dank eines Stipendiums bereits nach zwei Semestern an der Universität Tübingen seine Studien vorübergehend erweitern konnte.
Waldemar Bessons wissenschaftliche Schwerpunkte lagen unter anderem auf der Weimarer Republik, der Demokratieforschung, der amerikanischen Innen- und Außenpolitik im 20. Jahrhundert und nicht zuletzt der Hochschulpolitik. Zur Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland veröffentlichte er ein Jahr vor seinem Tod sein nicht nur in Fachkreisen mit großer Resonanz aufgenommenes Hauptwerk. Seine Interessen waren jedoch nicht nur im wissenschaftlichen Bereich sehr vielfältig. Als er für seine Konstanzer Professur von der Universität Erlangen-Nürnberg, wo er eine Politik-Professur innegehabt hatte, an den Bodensee wechselte, fungierte er bereits als Mitglied im ZDF-Fernsehrat und Kommentator beim Bayerischen und Süddeutschen Rundfunk. Darüber hinaus schrieb er für Zeitungen, ob Konstanzer Südkurier, Die Zeit oder Frankfurter Allgemeine Zeitung. Sein Engagement beim ZDF führte soweit, dass er vor seinem Tod als künftiger ZDF-Intendant gehandelt wurde, vorgeschlagen vom damaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Helmut Kohl.
Nach dem jähen Tod des Politik-Professors, der sich immer in erster Linie als Historiker verstand, leitet der Zeit-Journalist Theo Sommer seinen Nachruf mit den Worten ein: „Er wollte wissen, und er wollte wirken.“ Letzteres zeigte sich genauso in seinem Engagement für die Lehre und für universitätspolitische Aufgaben wie in der Überzeugung, dass Wissenschaft eine Verpflichtung gegenüber der Öffentlichkeit hat. Er habe sich „gegen jeglichen professoralen Stil und gegen eine Abkapselung der Universität von der sie umgebenden Gesellschaft“ gewandt, schreiben seine Fachkollegen Hans Mommsen und Gotthard Jasper in der Gedenkschrift für Waldemar Besson. Sein Bemühen, theoretische Wissenschaft in praktische Politik umzusetzen, führte ihn, neben den oben benannten Tätigkeiten als Kommentator in den Medien, auch in die Politikberatung. Und es zeigte sich auch, wenn der mitreißende Redner in der Konstanzer Region seine Zuhörerschaft begeisterte.
Sobald es pandemiebedingt wieder möglich ist, zu Veranstaltungen auf den Campus einzuladen, wird der Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft der Universität Konstanz ihrem Mitbegründer Waldemar Besson in angemessenem Rahmen gedenken.