Kritik am Föderalismus nimmt ab
Zweite Befragungswelle der Studie der Universität Konstanz zur öffentlichen Wahrnehmung des Krisenmanagements in der Corona-Virus-Pandemie mit erhärteten Ergebnissen
Ob bei Feiern 500 oder nur 25 Personen teilnehmen dürfen, ob Schülerinnen und Schüler künftig auch während des Unterrichts Mund-Nasen-Schutz tragen müssen, hängt davon ab, in welchem Bundesland jemand zu Hause ist. Die Politik steht aktuell unter starkem öffentlichem Druck, die Maßnahmen gegen die Corona-Virus-Pandemie bundesweit zu vereinheitlichen. Die zweite Runde einer bundesweiten Befragung am Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft der Universität Konstanz zur öffentlichen Wahrnehmung staatlichen Handelns in der Corona-Krise zeigt für den Mai hingegen: Die Kritik am Föderalismus nimmt ab. Situationsangepasstes Handeln wird von der Bevölkerung tendenziell honoriert. Die Studie ist bundesweit die einzige, die den Fokus auf das unterschiedliche Krisenmanagement in den Bundesländern legt.
In der ersten Befragungswelle vom März und April 2020 beurteilten nur ein Viertel der Befragten das föderale System als hilfreich in der Bewältigung der Corona-Situation. „Die Menschen zeigen sich deutlich zuversichtlicher als in der ersten Befragungswelle, dass situationsangepasstes Handeln in den Bundesländern durchaus angebracht ist“, sagt Dr. Steffen Eckhard, Juniorprofessor für Öffentliche Verwaltung und Organisationstheorie an der Universität Konstanz, der gemeinsam mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Alexa Lenz die Studie durchführt.
Situationsangepasstes Handeln vor Ort wird honoriert
Während in der ersten Welle der Befragung im März und April etwa 40 Prozent der Befragten den Föderalismus als problematisch sahen, nahm die Kritik in der zweiten Welle der Befragung vom Mai ab. Die vorläufigen Analysen der Umfrage zeigen tendenziell hohe Zustimmungswerte zum bisherigen Handeln staatlicher Organe, insbesondere auf der lokalen Ebene der Kommunal- und Landesbehörden. Dabei ist eine Tendenz in der Kritik zu erkennen. Steffen Eckhard: „Wo die Maßnahmen sehr ausgeprägt sind, aber die Pandemie nicht so stark auftritt, haben die Menschen das Gefühl, dass überzogen reagiert wird. In den Bundesländern, in denen die Pandemie stärker auftrat, fanden sie die Einschränkungen auch angemessener.“ Über ein Drittel der Befragten allerdings betrachten den Föderalismus als solchen weiterhin als nicht hilfreich bei der Bewältigung der Krise.
Zur Studie
Um die Entwicklung der Einstellungen auch über Zeit verfolgen zu können, wird die Umfrage im Rahmen eines Längsschnittdesigns mehrmals wiederholt. Über das Umfrageinstitut YouGov werden insgesamt 3.077 Personen befragt, die repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren sind. Die erste Befragungswelle wurde vom 26. März bis 6. April 2020, die zweite vom 15. bis 25. Mai 2020 durchgeführt. Die Studie ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojektes „Entstehung und gesellschaftliche Wirkung hybrider Organisationen im lokalen Krisenmanagement“ (Sprecher: Prof. Dr. Wolfgang Seibel, Universität Konstanz) in Kooperation mit der ETH Zürich, Schweiz (Dr. Florian Roth).
Faktenübersicht:
- Zweite Befragungswelle der Umfrage zur öffentlichen Wahrnehmung staatlichen Handelns in der Corona-Krise im Mai 2020
- Leitung: Steffen Eckhard, Juniorprofessor für Öffentliche Verwaltung und Organisationstheorie an der Universität Konstanz
- Repräsentative und fortlaufende Studie mit bis zu 3.077 Teilnehmenden seit März 2020
- Teilprojekt des vom BMBF geförderten Verbundprojektes „Entstehung und gesellschaftliche Wirkung hybrider Organisationen im lokalen Krisenmanagement" an der Universität Konstanz.