Gezähmte Helden
Presseinformation Nr. 111 vom 17. November 2014
Auftaktveranstaltung der "Konstanzer Kulturwissenschaftlichen Kolloquien"
Mit dem Vortrag „Herbst des Helden: Der Wandel heroischer Leitbilder in England und Frankreich im 17. Jahrhundert“ des Historikers Prof. Dr. Ronald G. Asch nehmen die „Konstanzer Kulturwissenschaftlichen Kolloquien“ in diesem Wintersemester am 19. November 2014 um 18 Uhr ihren Auftakt. Die Veranstaltungsreihe an der Universität Konstanz stellt Forschungen aus dem Themenbereich des Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen von Integration“ vor, wobei Diskussion und der gegenseitige Austausch im Vordergrund stehen. Die Veranstaltungen der Reihe, die in Raum Y 311 der Universität Konstanz stattfinden, stehen allen Interessierten offen.
Sind Helden Modeerscheinungen einer Gesellschaft und somit der Zeit unterworfen? Prof. Dr. Ronald G. Asch, der derzeit am Kulturwissenschaftlichen Kolleg Konstanz forscht, untersucht, wie im Frankreich der frühen Neuzeit Heldenfiguren ihre „Gestalt“ änderten: „Den Autoren des 18. Jahrhunderts stellte sich die Aufgabe, den Helden sozialverträglich werden zu lassen. Es musste gezeigt werden, dass ein Held auch ein guter Bürger und sogar eine Wohltäter der Menschheit sein konnte, selbst wenn er Soldat war.“
Der traditionelle aristokratische Heros, der leidenschaftlich handelte und dabei vor Gewalt nicht zurückschreckte, vertrug sich nicht mit den Idealen der Aufklärung und sollte daher als gesellschaftliche Identifikationsfigur abgelöst werden. Stattdessen galt es, Selbstdisziplin und Ergebenheit als Persönlichkeitsideale zu propagieren. „Anders als in England scheint es in Frankreich unter Ludwig XIV. gelungen zu sein, den adligen Heros endgültig zu zähmen“, erklärt Asch, der stellvertretender Sprecher des Sonderforschungsbereichs „Helden – Heroisierungen – Heroismen“ an der Universität Freiburg ist. Jedoch, so Asch, gab es auch zeitgenössische Kritik an den „neuen“ Heldenfiguren, wie etwa von dem Jesuiten Pierre Le Monde: Mangels menschlicher Substanz eigneten sich diese leidenschaftslosen Helden nicht, die Größe menschlicher Tugend zu demonstrieren. Sie seien schlechterdings langweilig.
Auf die Auftaktveranstaltung folgen drei weitere Kulturwissenschaftliche Kolloquien: Am 17. Dezember 2014 um 18.30 Uhr trägt Dr. Stephanie Rüther über „Gewalt nach der Gewalt? Tote und Verwundete auf den Schlachtfeldern des langen Mittelalters“ vor. Die Historikerin ist Referentin für Wissensforschung bei der Zentralen Kustodie der Universität Göttingen.
Im Kolloquium am 14. Januar 2015 um 18.30 Uhr wird ein brisantes Thema angesprochen: „Representing Violence – Or You Find What You Look For“. Diese „Lessons from the Intelligence Community“ referiert Thomas Fingar (PhD), Oksenberg-Rohlen Distinguished Fellow am The Freeman Spogli Center for International Studies an der Stanford University. Der amerikanische Politikwissenschaftler war von 2008 bis 2009 Vorsitzender des United States National Intelligence Council und zuvor mehrere Jahre stellvertretender Director of National Intelligence (DNI).
Die Vorträge von Rüther und Fingar sind zudem Teil der Vortragsreihe „Konstanzer Beiträge zur Gewaltforschung“, die die AG Gewaltforschung des Exzellenzclusters organisiert.
Den letzten Kolloquiumsvortrag des Wintersemesters wird am 11. Februar 2015 um 18 Uhr Prof. Dr. Volker Schneider über „Bürokratie, Verwaltung, Organisation“ halten. Dabei unternimmt der Politikwissenschaftler, der Materielle Staatstheorie an der Universität Konstanz lehrt, einen „metatheoretischen und multimethodischen Kartierungsversuch eines unübersichtlichen Forschungsfeldes“.