Die Unsicherheit beim Schreiben
Konstanzer Studie zur Schreibkompetenz von Studierenden und zu wissenschaftlichen Schreibpraktiken
Wissenschaftliches Schreiben gehört untrennbar zum Studium und ist eine Kernkompetenz für den Studienerfolg. Im Rahmen einer europaweiten Studie, die wissenschaftliche Schreibkulturen länderübergreifend untersucht, führte die Universität Konstanz in Kooperation mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften eine Erhebung der Schreibkompetenzen ihrer Studierenden und der wissenschaftlichen Schreibpraktiken ihrer Fachbereiche durch. Die Ergebnisse charakterisieren die Universität Konstanz als schreibintensive Hochschule mit einem stark auf Vermittlung von Forschungskompetenz aufbauenden Lehrprofil. Die größten Unsicherheiten schreiben sich die Studierenden bei Kompetenzen zu, die die Gestaltung des Schreibprozesses betreffen – beispielsweise der Umgang mit Schreibkrisen und das Einhalten von Zeitplänen. Die Studie zeigt aber zugleich – im Vergleich zu Untersuchungen mit gleichem Fragebogen an anderen Hochschulen – überdurchschnittlich hohe Zuwächse an Schreibkompetenz während des Studiums an der Universität Konstanz auf.
Die Studie wurde von dem Zürcher Psychologen und Schreibdidaktiker Prof. Dr. Otto Kruse in Zusammenarbeit mit dem Schreibzentrum der Universität Konstanz durchgeführt. Als Fragebogen wurde der „European Writing Questionnaire“ eingesetzt, der mit dem Ziel entwickelt wurde, Schreibkulturen länderübergreifend zu untersuchen. Antworten von 833 Studierenden und 148 Dozierenden der Universität Konstanz wurden im Rahmen der Studie ausgewertet und aktuell veröffentlicht.
„Sowohl die hohe Relevanz des Schreibens an der Universität Konstanz als auch der große Unterstützungsbedarf der Studierenden spiegeln sich in den Ergebnissen der Befragung wider“, resümiert Heike Meyer vom Schreibzentrum der Universität Konstanz. Die parallele Ausrichtung der Fragebögen für Lehrende und Studierende erlaubt, Vergleiche zwischen den Einschätzungen beider Gruppen anzustellen. Auffällig sind größere Unterschiede zwischen der Selbst- und der Fremdwahrnehmung der Fähigkeiten der Studierenden. Während Lehrende ihre Studierenden beim Einsatz von Medien, bei der Gruppenarbeit und beim Präsentieren von Fachwissen sogar besser einschätzten, als diese es selbst taten, bewerten sie deren wissenschaftlichen Schreib- und Sprachkompetenzen auffallend niedriger als die Studierenden in ihrer Selbsteinschätzung. „Dass die Studierenden gleichzeitig selbstkritisch angeben, sich von allen abgefragten Studienkompetenzen gerade beim wissenschaftlichen Schreiben am unsichersten zu fühlen, unterstreicht den vorhandenen Handlungsbedarf“, zeigt Heike Meyer auf. Die Ergebnisse der Studie dienen dem Konstanzer Schreibzentrum nun als Grundlage, um ihre Angebote zur Schreibförderung optimal auf den Bedarf abzustimmen.
Das Schreibzentrum der Universität Konstanz wurde im September 2012 mit Mitteln aus dem Bund-Länder-Programm für bessere Studienbedingungen und mehr Qualität in der Lehre („Qualitätspakt Lehre“) aufgebaut. „Das Schreibzentrum bietet Optionen, Studierende beim Schreiben ihrer Texte mehr zu unterstützen, als es im Rahmen des Studiums sonst möglich ist. Dazu wurden Einheiten zum Schreiben für Fachkurse geschaffen, ergänzt wird das Angebot durch den Aufbau einer Schreibberatung, ein Kurs- und Workshop-Programm für Studierende sowie Weiterbildungen für Lehrende“, erläutert Dr. Stefanie Everke Buchanan vom Schreibzentrum der Universität Konstanz.
„Ein wichtiger Ansatzpunkt für eine Verbesserung der Schreibkompetenz, auch das wird in der Studie deutlich, liegt direkt in den Kursen, die Studierende im Studium in ihren Fächern besuchen“, führt Stefanie Everke Buchanan aus. Seit Einrichtung des Schreibzentrums wurden rund 2.000 Studierende in den Lehreinheiten erreicht, knapp 600 Studierende besuchten Workshops, die vom Schreibzentrum angeboten wurden, und etwa 230 Studierende nahmen bei eigens geschulten Tutorinnen und Tutoren individuelle Beratungsgespräche über ihr Schreiben und ihre Texte in Anspruch. „Dies zeigt, dass nicht nur in der Studie eine hohe Relevanz des Schreibens angegeben wurde, sondern die neu geschaffenen Angebote zur Schreibförderung auch dankbar angenommen werden. Der von der Universität Konstanz eingeschlagene Weg, die Qualität der Lehre durch die Einrichtung eines Schreibzentrums weiter zu verbessern, wird von den Befragungsergebnissen bestätigt“, zieht Stefanie Everke Buchanan ihr Fazit.
Die Ergebnisse der Studie „Schreiben an der Universität Konstanz“ sind veröffentlicht unter: http://pd.zhaw.ch/hop/1103182395.pdf