Ein erwachsener Felchen. Copyright: Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg

Gefährdung der Felchen im Bodensee

Für die Fische im Bodensee können steigende Wassertemperaturen bestandsbedrohend sein. Biologen der Universität Konstanz und der Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg konnten nun nachweisen, dass mit der Wassertemperatur auch die Felchen-Sterblichkeit im Larvenstadium steigt.

Die Felchen sind ein Wahrzeichen der Bodenseeregion und eine geschätzte Delikatesse. Vor allem aber sind sie von großer Bedeutung für das Funktionieren und die Widerstandsfähigkeit des Ökosystems im See. Doch in den letzten 20 Jahren ist der Bestand dramatisch zurückgegangen, sodass die Felchenfischerei in diesem Seeteil für drei Jahre eingestellt wurde.    

Im Rahmen des Forschungsprojektes „Resilience of Lake Ecosystems“ der Universität Konstanz und der Fischereiforschungsstelle aus Langenargen wird nun der Einfluss der Wassertemperatur auf die Eientwicklung und die frühe Larvalphase der Felchen untersucht. Dabei stellten die Biologen Barnaby Roberts und Alexander Brinker zusammen mit ihrem Team eine starke Übersterblichkeit der Larven bei höheren Wassertemperaturen fest. Die Gründe hierfür sind vielfältig.

Gefahr durch zu frühes Schlüpfen
Im tiefen Wasser, wo sich die Eier der Blaufelchen entwickeln und die Larven schlüpfen, überschreiten die Wassertemperaturen bereits heute Werte, die ursprünglich erst für das Jahr 2040 prognostiziert wurden. Auch im Flachwasser, wo die Gangfische laichen, ist es inzwischen rund ein Grad wärmer als üblich.

Für das Forschungsprojekt wurden die Eier und Larven von Blaufelchen und Gangfischen bei drei verschiedenen Wassertemperaturen aufgezogen, die sowohl die natürliche Temperatur als auch durch die Klimakrise erwärmte Bedingungen nachahmten. Im Fokus der Untersuchung stand die Frage danach, welchen Einfluss die Wassertemperatur auf die Rekrutierung des Felchenbestandes haben kann.

Die Resultate geben wenig Anlass zur Entwarnung. Erwartungsgemäß schlüpfen Felchenlarven bei höheren Temperaturen deutlich früher, also nicht wie üblich im Februar, sondern vielleicht schon Ende Januar. Dieser „Frühstart“ kann sich als problematisch erweisen, weil zu diesem Zeitpunkt meist noch nicht ausreichend Futterorganismen vorhanden sind. Außerdem konnte eine höhere Sterblichkeit der Eier nachgewiesen werden, da diese bei wärmerem Wasser mit einem höheren Befall von Mikroorganismen zu kämpfen haben. 

Für erfolgreich geschlüpfte Larven geht der Überlebenskampf weiter. Hierbei hilft ihnen normalerweise ein kleiner eingebauter Nahrungsvorrat, der sogenannte Dottersack. Doch bei höheren Temperaturen verbraucht sich dieser überproportional schnell – was ebenfalls die Überlebenswahrscheinlichkeit verringert.

Hilfestellungen für die Zukunft
Was wird also aus den Felchen im Bodensee, wenn sich das Klima und damit die Temperatur des Sees im jetzigen Tempo weiter erwärmen? Fische können sich innerhalb gewisser Grenzen an neue Umweltbedingungen anpassen. Allerdings erfolgen die durch die Klimakrise verursachten Veränderungen aus erdgeschichtlicher Sicht so schnell, dass die natürliche Anpassungsfähigkeit oft nicht Schritt halten kann. 

Umso wichtiger ist es, dass der Mensch unter diesen Bedingungen Hilfestellungen gibt, um eine natürliche Anpassung soweit wie möglich zu begünstigen. Im Fall der Felchen geschieht dies durch die gezielte Aufzucht von größeren Besatzlarven, welche die kritischen ersten Lebenswochen behütet und kühl in der Zucht „überspringen“ und so auch kürzere Hungerphasen anschließend besser überstehen können. Erholt sich der Felchenbestand dank dieser Maßnahme sowie der fischereilichen Schonung, wäre das ein bedeutender Schritt in Richtung Klimaanpassung des Bodensees.