Bin ich der Kaiser von China?
Eine neue Forschergruppe an der Universität Konstanz untersucht, wie wir fragen – Sie wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit rund 2,5 Millionen Euro gefördert
Die Universität Konstanz erhält eine neue Forschergruppe. Sie trägt den Titel „Questions at the Interfaces“ (dt. „Fragen an den Schnittstellen“) und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) von April 2016 bis März 2019 mit rund 2,5 Millionen Euro gefördert. Der Forschungsverbund geht der Struktur von Fragen nach, vor allem sogenannten nicht-kanonischen Fragen wie rhetorischen Fragen oder Fragen, die an sich selbst gerichtet sind. Die Kooperation aus neun Teilprojekten besteht aus einem Zusammenschluss von allgemeiner und vergleichender Sprachwissenschaft, experimentellen und computerlinguistischen Methoden. Integriert werden darüber hinaus neue Methoden aus der Informatik. Sprecherin der Forschergruppe ist die Sprachwissenschaftlerin Prof. Dr. Miriam Butt.
Wieso und wie fragen wir? Die Bedeutung einer Frage liegt oftmals nicht in der Schließung einer faktischen Wissenslücke allein, denn Fragen bieten für die Interaktion verschiedenste Potenziale. Woher wissen wir, dass Fragen wie „Bin ich der Kaiser von China?" oder „Bin ich blind, oder was?" keine Antworten verlangen, sondern im ersten Fall höchstwahrscheinlich rhetorisch gemeint sind, im zweiten Fall eher ein an sich selbst gerichtetes Vor-sich-hin-Schimpfen darstellen? Die Antwort liegt in einem komplexen Zusammenspiel aus syntaktischen, morphologischen und prosodischen Merkmalen im Sprachsignal. Dieses Zusammenspiel wird in der Forschergruppe aus verschiedenen Perspektiven genau unter die Lupe genommen. Ziel ist ein besseres Verständnis der Kodierung von Sprache im menschlichen Hirn.
Die zugrundeliegende Hypothese der Forschergruppe ist, dass jede linguistische Komponente Bausteine für die Gesamtbedeutung einer Frage liefert, die auf komplexe, aber systematische Art kompositionell zusammengefügt werden. Diese Systematik ist sprachübergreifend zu beobachten, variiert aber auch. Aus diesem Grund untersucht die Forschergruppe sprachvergleichende Daten, beispielsweise zu Deutsch, Englisch, Urdu, Sinhalesisch, Türkisch, Baskisch und diversen romanischen Sprachen.
Miriam Butt ist Professorin für Theoretische Linguistik und Computerlinguistik an der Universität Konstanz. Ihr Forschungsinteresse liegt auf Morphosyntax, historischer Linguistik und Computer-Linguistik und erstreckt sich auf die Sprachen Süd-Asiens mit Schwerpunkt auf Urdu.
Insgesamt richtet die Deutsche Forschungsgemeinschaft 15 neue Forschergruppen ein, wie sie heute bekannt gab. Die Forschungsverbünde ermöglichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich aktuellen und drängenden Fragen ihrer Fachgebiete zu widmen und innovative Arbeitsrichtungen zu etablieren. Die maximale Förderdauer beträgt zweimal drei Jahre. In der ersten Förderperiode erhalten die 15 neuen Einrichtungen insgesamt rund 35 Millionen Euro.