Radioaktiver Abfall an der Uni Konstanz
Alles, was Sie wissen müssen
Die Einteilung radioaktiver Abfälle in Deutschland
Radiologisch betrachtet teilt man radioaktive Abfälle in schwach- (LAW), mittel- (MAW) und hochradioaktive Abfälle (HAW) ein. Für die Endlagerung spielt aber nicht unbedingt die Radioaktivität, sondern insbesondere die Wärmeentwicklung eine Rolle. Bei der Endlagerung unterscheidet man deshalb Abfälle mit starker Wärmeentwicklung und soclhe mit wenig oder keiner Wärmeentwicklung.
Grundsätzlich kann man grob sagen, dass die Abfälle, die stark Wärme entwickeln auch die hochradioaktiven Abfälle aus der Kernenergiegewinnung sind. Untergeordnet auch ein paar mittelaktive Abfälle.
Alle schwachaktiven und die meisten mittelaktiven Abfälle entwickeln keine nennenswerte Wärme.
Wussten Sie, dass...
- die Abfälle aus der Kernenergie (HAW) aktuell "nur" rund 27.000 m3 ausmachen,
- die Abfälle aus Forschung und Medizin (LAW und MAW) dagegen rund 640.000 m3?
Dies sind die aktuellen Zahlen der Bundesgesellschaft für Endlagerung. Die Abfälle sind ja irgendwo zwischengelagert und warten auf ihre Endbestimmung.
Unser bescheidener Beitrag
Wir sind als Universität also mehr oder weniger an der Entstehung dieser Abfallmenge von LAW und MAW beteiligt. Wenn Sie die vorige Seite mit den Hintergründen zur Abfallproblematik gelesen haben, wissen Sie, dass die Entsorgung und die Endlagerung dieser Abfälle sehr, sehr teuer ist.
In 1969 wurden die Kosten im Zusammenhang mit dem damals geplanten Endlager ASSE II auf 100 DM pro Fass geschätzt.
Heute, 55 Jahre später liegen die Kosten pro Fass bei rund 20.000 EUR. Das ist (ohne die Inflation zu berücksichtigen) ein Faktor 400! Allein im Lauf der letzen 20 Jahre haben sich die Entsorgungskosten verhundertfacht.
Es ist absehbar, dass die Kosten steigen und zwar eher exponentiell als linear. Das ist auch für die Uni Konstanz keine Kleinigkeit, die mal eben aus der Portokasse beglichen wird.
Forschung ist wichtig! Und wir sind eine Universität, deren Hauptaufgabe neben der Lehre die Forschung ist. Top-Forschung erzeugt auch Top-Kosten. Deshalb ist es aber auch essentiell, die verfügbaren Mittel für Forschung einzusetzen und nicht durch die vielleicht unnötige Erzeugung von (radioaktivem) Abfall zu verschwenden.
Eins ist nämlich klar: Die wenigen Spezialbetriebe, die sich um die Entsorgung kümmern (weil sie das dürfen), lassen sich ihre Dienstleistungen heute vergolden. Das ist ein sehr lukratives Geschäft.
Die Ziele
Das oberste Ziel muss daher lauten:
Vermeidung von Abfall!
Das geht natürlich nur, wenn man nicht mehr mit Radioaktivität arbeitet. Wie auch im Arbeitsschutz gilt hier das Prinzip der Substitution (vielleicht erinnern Sie sich an das STOP-Prinzip der Gefährdungsbeurteilung?)
Kann man ohne radioaktive Stoffe das Forschungsziel genausogut erreichen? Nur weil radioaktive Stoffe für Forschungszwecke relativ leicht verfügbar sind und die Methoden seit vielen Jahren etabliert und "der Standard", bedeutet das nicht, dass es nicht auch andere (unentdeckte) Wege und Methoden gibt.
Erst, wenn das nicht machbar ist, weil es eben nicht anders geht:
Reduzierung von Abfall
durch den Einsatz von weniger radioaktiven Stoffen, geringerer Aktivität und vor allem eher kurzlebige Nuklide.
Was gilt eigentlich als radioaktiver Abfall?
So salopp das klingt: Alles, was nicht mehr gebraucht oder verwendet wird, ist Abfall. Einfacher kann man den Begriff nicht definieren.
Beim Radioaktivabfall wird es etwas schwerer, denn das sind nicht nur radioaktive Stoffe, die nicht mehr gebraucht werden oder "verbraucht" wurden, sondern alles, was damit in Kontakt war.
Handelt es sich um einen Kontrollbereich wird die Sache richtig fies: Alles, was im Kontrollbereich ist, ist am Ende radioaktiver Abfall. Egal, ob es sich um radioaktive Stoffe handelt oder nicht. Die Aufsichtsbehörde unterstellt hier ganz einfach: Alles, was in einem Kontrollbereich ist,
- kann entweder kontaminiert sein und
- wird irgendwann nicht mehr gebraucht.
Also: Alles, was in einen Kontrollbereich rein geht, geht nicht mehr raus. Es sei denn:
- Es soll oder kann oder darf außerhalb weiter verwendet werden. Dazu muss es aber raus dürfen, und das ist kompliziert!
- Es wurde nach einer "Beweisführung" nachgewiesen, dass es durch die Aufsichtsbehörde auf Antrag freigegeben werden kann. Diese Beweisführung wird leider nicht mehr in allen Fällen durch Sie selbst akzeptiert.
Überlegen Sie bitte ganz genau, was Sie in einen Kontrollbereich mitnehmen! Vorausgesetzt, Sie wissen, was das ist. Falls nicht, fragen Sie die für Ihren Arbeitsbereich zuständige Strahlenschutzbeauftragte.
Was ist "alles"?
Das sind:
- Verbrauchsmaterial wie Handschuhe, Papiertücher, Pipettenspitzen, Vials, alles, was beim Arbeiten mit radioaktiven Stoffen anfällt und vielleicht kontaminiert sein könnte.
- Laborgeräte, die mit radioaktiven Stoffen in Kontakt kommen (und vielleicht kontaminiert werden könnten).
- Die radioaktiven Stoffe, die "verbraucht" werden und alle Produkte daraus.
- Laborkleidung, die vielleicht kontaminiert werden könnte.
- Labormöbel, sofern diese kontaminiert werden und nicht dekontaminiert werden können.
Das alles bleibt im Kontrollbereich und darf nur dann aus einem anderen Bereich (z.B. Überwachungsbereich) heraus mitgenommen werden, wenn nachgewiesen wird, dass keine Kontamination vorliegt. Details dazu finden Sie im Kapitel 3 der StrlSchV unter dem Stichwort "Freigabe".
Was die Strahlenschutzbereiche sind und wie man sie abgrenzt, erfahren Sie hier.
Was als radioaktiver Abfall gilt, hängt also nicht nur davon ab, ob der Abfall strahlt, sondern auch, in welchem Strahlenschutzbereich er anfällt (auch wenn er nicht strahlt).
Wohin geht der Abfall?
Dass sich unser anfallender radioaktiver Abfall nicht einfach über den Sonderabfall entsorgen lässt, ist klar! Wir können ihn auch nicht direkt zum geplanten Endlager bringen.
Alle unsere Abfälle werden zunächst gesammelt und letztlich von der Landessammelstelle für radioaktive Abfälle Baden-Württemberg (LSSt) angenommen.
Die Abgabe radioaktiver Abfälle an die LSSt ist gesetzlich vorgeschrieben. Es gibt also keine Wahl. Das macht die Sache einerseits einfacher, andererseits muss man die Bedingungen für die Abgabe, aber auch die Preise für die Abgabe hinnehmen.
Das gilt unabhängig davon, ob es sich um "normale" Laborabfälle handelt, Altgräte, CHemikalien oder vielleicht sogar Mobiliar. Alles, was letztlich ins Endlager muss, geht zunächst an eine der staatlichen Landessammelstellen.
Wirklich staatlich sind diese allerdings nicht, nur staatlich vorgegeben. Die Landessammelstelle Baden-Württemberg ist eine "Abteilung" der Kerntechnischen Entsorgungsbetriebe (KTE) auf dem Campus-Nord des KIT Karlsruhe. Sie gehört aber nicht zum KIT, sondern wurde vor einigen Jahren ausgegliedert und privatisiert. Auch das hat einen Einfluss auf die Entsorgungspreise.
Unsere laufend anfallenden Laborabfälle werden über einen Dienstleister abgewickelt, der Leergebinde zur Verfügung stellt, die gefüllten Gebinde abholt und sie zu einer der Sammelstellen transportiert. Teilweise weden die Abfälle durch diese Firma zuvor noch entsprechend konditioniert. Aber auch dieser Diensleister übernimmt nur einen Teil des großen Aufwandes gegen stattliche Bezahlung. Am Ende landen auch diese Abfälle konditioniert im Endlager.